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Frankfurts Konkurrenzfähigkeit hat Priorität

Der Finanzplatz Frankfurt gehört zu den Top-Ten in der Welt. Das ist erfreulich. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Frankfurt sein Potenzial nicht ausschöpft und darauf achten muss, seine Wettbewerbsfähigkeit nicht zu vernachlässigen. In mehreren Bereichen ist Frankfurt nicht nur in der Lage, den Anschluss an die USA schaffen, sondern auch Europas Stellung im globalen Finanzsystem langfristig zu sichern.

Auch wenn der Brexit bereits einige Jahre zurückliegt, wirkt er in der Finanzmetropole am Main noch immer nach. In der Zeit nach dem Ausscheiden des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union war Frankfurt zu Recht Favorit für die Ansiedlung internationaler Banken, für die Verlagerung von Arbeitsplätzen und Vermögenswerten.

Im Global Financial Center Index ging es aufwärts, bis jüngst im September 2024 auf Platz Zehn. Damit ist Frankfurt aktuell der führende Finanzplatz nicht nur der EU, sondern in ganz kontinental Europa. Diese Entwicklung hat Arbeitsplätze geschaffen und die Stadtkasse befüllt – nun gilt es, strategisch zu investieren.

Andere europäische Finanzzentren wie Paris, Dublin oder Amsterdam holen auf. Sie haben ebenfalls vom Brexit profitiert. Auch Luxemburg hat in den zurückliegenden Jahren bedeutende Schritte gemacht hat, um wieder an den Glanz vergangener Tage anzuknüpfen. Gemeinsam ist den genannten Finanzmetropolen, dass sie den Wettbewerb nicht für abgeschlossen halten. Damit liegen sie richtig. Denn die Ansiedlung der Unternehmen ist nicht ein für alle Mal beschlossene Sache. Die zunehmend gebräuchliche Rechtsform als Societas Europaea, kurz SE, erleichtert die Verlagerung eines Firmensitzes erheblich.  Um den europäischen Spitzenplatz zu behaupten oder noch besser, auszubauen, muss Frankfurt eine klare Strategie entwickeln und mit entsprechenden Entscheidungen untermauern.

Die Stärkung des Finanzplatzes Frankfurt ist dabei nicht nur eine Frage lokaler oder nationaler Interessen. Es geht um die Wettbewerbsfähigkeit Europas im globalen Kontext. Die USA haben mit ihrer dynamischen Start-up-Kultur, starken Kapitalmärkten und innovationsfreundlichen Regulierung in den zurückliegenden Jahren einen Vorsprung erzielt. Europa muss diesen Abstand aufholen – und Frankfurt kann dabei eine Schlüsselrolle übernehmen.

Es wäre falsch, wenn die bislang erzielten Erfolge zu selbstzufriedenem Schulterklopfen führten. Im Gegenteil sollten sie Ansporn sein und als Chance begriffen werden. Gerade jüngst erzielte Erfolge können, richtig genutzt und befördert, die Basis für den Aufbau von Exzellenz-Clustern bilden, die es zumindest in Europa kein zweites Mal gibt. Dazu müssen wir uns gemeinsam bewegen. Alle Akteure und Stakeholder am Finanzplatz sind dazu aufgerufen, Hand in Hand zu arbeiten. Ansonsten fallen wir unweigerlich zurück. Denn andere Finanzplätze haben die Bedeutung einer starken Finanzbranche für ihr Land und die Regionen erkannt und gehen in großen Schritten voran. Das sollten wir uns immer vor Augen halten.

Die Ansiedlung der europäischen Anti-Geldwäsche Behörde (Anti-Money Laundering Authority, AMLA) in Frankfurt bietet eine historische Chance, den Standort als Vorreiter in der Regulierung und Bekämpfung von Finanzkriminalität zu positionieren. Eine starke AMLA kann nicht nur das Vertrauen in den europäischen Finanzmarkt stärken, sondern auch internationale Standards bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung setzen.Eine Aufgabe, die, über den Bereich der Finanzmärkte hinaus, zunehmend an Bedeutung und politischer Brisanz gewinnt. 

Frankfurt hat alle Voraussetzungen, die Entwicklung der AMLA zu einer weltweit führenden Behörde aktiv zu unterstützen und sich als Ausgangspunkt zu etablieren für Innovationen in den Bereichen Compliance, RegTech, den zielgerichteten Einsatz von Big-Data-Analysis sowie der Entwicklung und Anwendung einschlägig verwendbarer Künstlicher Intelligenz (KI). Die Stadt der kurzen Wege erleichtert Vernetzung und den effizienten Austausch aller handelnden Personen und Institutionen. Zudem befindet sich in Frankfurt mit dem Internetknoten De-Cix der weltweit größte Umschlagplatz für Daten. Eine hohe Zahl von Rechenzentren und Rechenleistung kommen hinzu. Ein Standortvorteil, der sich nicht leicht kopieren lässt.  Durch die Zusammenarbeit von AMLA, Forschungsinstituten und Universitäten in Frankfurt, dem Rhein-Main-Gebiet und den angrenzenden Regionen kann ein weltweit anerkanntes Ausbildungszentrum für Anti-Geldwäsche und den Kampf gegen Terrorismusfinanzierung entstehen.

Auch die Bedeutung von nachhaltigem Wirtschaften und dem Kampf gegen den Klimawandel bieten Frankfurt eine weitere strategische Chance. Das International Sustainability Standards Board (ISSB) wird zur Standardisierung und Transparenz im Bereich nachhaltiger Finanzprodukte beitragen. Als Sitz des Boards sollte sich Frankfurt als zentraler Standort für grüne Finanzinstrumente positionieren, sei es durch die Entwicklung von Expertise in der Bewertung nachhaltiger Investitionen oder die Schaffung eines Ökosystems für Green Bonds. Eine solche Positionierung wäre ein wichtiger Beitrag, die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzstandorts Frankfurt im internationalen Vergleich zu stärken.

Nicht zuletzt ist der Einsatz von KI und Big Data über den gezielten Einsatz gegen Geldwäsche hinaus ein entscheidender Hebel, um die Effizienz und Innovationskraft des Finanzplatzes zu steigern. Frankfurt könnte ein europäisches Zentrum für FinTechs und Tech-getriebene Finanzdienstleistungen werden. Dazu ist die gezielte Förderung von Start-ups, des digitalen Ökosystems und die Einrichtung eines geeigneten Umfeldes für Wagniskapital unerlässlich. Es wäre wünschenswert, böte die Anlageverordnungen für langfristiges Kapital beispielsweise auch Pensionskassen oder Lebensversicherungen die Rahmenbedingungen, in kleinen Schritten zu investieren. Aktuell ist das eher nicht der Fall.

Quelle: Sonderbeilage Börsen-Zeitung vom 28.02.2025

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