Beim Thema ESG liegt ein Unternehmensfokus mittlerweile auf der Umsetzung der Governance – wesentliche Instrumente sind hier unter anderem die Implementierung von Nachhaltigkeitszielen in der Vorstandsvergütung sowie in Kreditverträgen, sogenannten Sustainability Linked Loans (SLL). Dazu hat Professorin Dr. Christina Bannier, Professorin für Banking & Finance an der Universität Gießen sowie Wissenschaftliche Leiterin des Sustainable Governance Lab bei der neuesten Runde des Frankfurt School Corporate Governance Working Breakfast (CGWB) neue Studienergebnisse vorgestellt. Das CGWB ist eine Veranstaltungsreihe, zu der Professorin Dr. Julia Redenius-Hövermann, Professorin für Bürgerliches Recht und Unternehmensrecht an der Frankfurt School, und Sabrina Biedenbach, Board Office Biedenbach, regelmäßig einladen.
Die Nutzung von Sustainability Linked Loans ist seit 2017 weltweit rasant angestiegen. Insbesondere in den USA handelt es sich um ein etabliertes Finanzierungsinstrument. Im Rahmen der Studie wurden 595 nachhaltigkeitsgebundene Kredite in den USA und in Europa zwischen 2017 und 2022 analysiert. Hierbei standen drei Kernfragen im Vordergrund: (1) Werden SLLs in der Praxis so konzipiert, dass sie Anreize für eine Verbesserung der Nachhaltigkeitsperformance bieten? (2) Wie reagiert der Aktienmarkt auf die Ankündigung eines SLLs? (3) Erhöht sich die Nachhaltigkeitsperformance, nachdem Firmen einen SLL abgeschlossen haben?
Zur Qualitätsbewertung der SLLs wurde für die Studie ein umfangreiches Punktebewertungssystem entwickelt. Im Durchschnitt erzielte die Mehrheit der analysierten Kredite einen Qualitäts-Score von 3,5 oder weniger von maximal 6 Punkten, wobei im Zeitverlauf eine Verbesserung erkennbar ist. In Bezug auf die Kapitalmarktreaktionen in Folge von SLL-Ankündigungen sind geringe beziehungsweise leicht negative Marktreaktionen bemerkbar, vor allem in den USA. Darüber hinaus zeigt sich, dass die Nutzung eines SLLs nicht zwangsläufig zu einer Veränderung des ESG-Ratings führt, zumindest nicht im Jahr nach der Emission.
Mit Blick auf die Vorstandsvergütungssysteme haben weltweit rund 30 Prozent der größten börsennotieren Unternehmen Nachhaltigkeitsziele verankert. Vor allem in Unternehmen des Energiesektors sowie der Automobilbranche ist eine verstärkte Nutzung festzustellen. Im Rahmen der Studie wurden zur Qualitätsbewertung der Vergütungssysteme die vier Dimensionen (1) Strategie, (2) Struktur, (3) Design (Nachvollziehbarkeit & Ambitionsniveau) und (4) Regulatorik gewählt. Im Ergebnis schneiden die untersuchten Unternehmen aus DAX und MDAX ähnlich ab, DAX Unternehmen allerdings etwas besser. In beiden Fällen ist jedoch eine schwache Beurteilung des Designs und der Struktur zu beobachten. Insgesamt liegt der Anteil der von Nachhaltigkeits-KPIs abhängigen variablen Vergütung gemessen an der jährlichen Gesamtvergütung bei nur 11 Prozent (DAX) und 7 Prozent (MDAX). Die Wirksamkeit der ESG-Ziele ist somit noch eingeschränkt.
Fazit: Nachhaltigkeits-KPIs in Kreditverträgen und Vergütungssystem helfen, eine Nachhaltigkeitsstrategie zu implementieren und Anreize zur Transformation zu setzen. Transparenz erlaubt die kritische Überprüfung durch den Markt. Dies gelingt einer kleinen Gruppe von Unternehmen bereits erfolgreich. Ein Großteil der Unternehmen bleibt jedoch noch in einem Graubereich. Es wird jedoch erwartet, dass die zunehmende Erfahrung der verschiedenen Stakeholder zukünftig zu mehr Druck auf die Unternehmen führen wird.
Einen ausführlicheren Bericht zu diesem Corporate Governance Working Breakfast finden Sie hier.
CORPORATE GOVERNANCE WORKING BREAKFAST
Quelle: Frankfurt School
Bild: Frankfurt School