Die EZB hat seit Mitte des vergangenen Jahres in mehreren Schritten die Leitzinsen auf derzeit 2,5 % für den Hauptrefinanzierungssatz, 2,75 % für den Spitzenrefinanzierungssatz und 2% für den Einlagenzinssatz erhöht. Die Inflationsrate hat sich in der Eurozone von ihren Spitzenwerten auf ca. 9,6 % im Dezember 2022 bzw. 8,6 % in Deutschland etwas reduziert. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach den Zinserwartungen für die Eurozone für das Jahr 2023, und wie die Marktteilnehmer die bisherige Strategie der EZB zur Inflationsbekämpfung bewerten.
Wann erreichen die Zinsen voraussichtlich Ihren Höhepunkt?
Eine Umfrage des CFS unter Fach- und Führungskräften des Finanzsektors in Deutschland zeigt ein gemischtes Bild. Mehr als 70 % der Befragten gehen davon aus, dass die Leitzinsen in der Eurozone erst Ende des Jahres 2023 oder sogar erst im kommenden Jahr ihren Höhepunkt erreichen werden. Knapp 25 % der Befragten erwarten dagegen, dass die Leitzinsen ihren Höhepunkt bereits Mitte 2023 erreichen werden. Weitgehend einig sind sich die Panel-Teilnehmer:innen darüber, wie stark die Leitzinsen noch steigen werden. Mehr als 70 % der Befragten glauben, dass der Hauptrefinanzierungssatz von derzeit 2,5 % auf einen Wert von 3 % bis 4 % ansteigen wird. 15 % der Teilnehmer gehen von einem noch höheren Wert aus. „Die Umfrage zeigt, dass der Markt zuversichtlich ist, dass die EZB die Inflation erfolgreich bekämpfen wird. Allerdings besteht eine gewisse Unsicherheit darüber, wie rasch die EZB die Leitzinsen weiter erhöhen wird“, sagt Prof. Volker Brühl, Geschäftsführer des CFS.
Hat die EZB im vergangenen Jahr die Zinsen schnell genug erhöht?
Kritisch sieht eine Mehrheit der Befragten (60,4 %) die Geschwindigkeit, mit der die EZB im letzten Jahr die Leitzinsen erhöhen musste. Viele Marktteilnehmer sind der Auffassung, dass die EZB nicht rechtzeitig reagiert hat und damit so hohe Inflationsraten mit verursacht hat.
„Die Marktteilnehmer am Finanzplatz hatten bereits Mitte 2021 und damit rechtzeitig vor den Gefahren der Inflation gewarnt und die EZB zum Handeln aufgefordert“, erinnert Hubertus Väth, Geschäftsführer von Frankfurt Main Finance an vorangegangene Befragungen. „Jetzt bleibt die EZB noch eine Weile hinter der Kurve und muss am Markt erst wieder Glaubwürdigkeit aufbauen. Erfahrungsgemäß rächt sich das, durch einen stärkeren Inflations- und letztlich Zinsanstieg.“
Die Ergebnisse basieren auf einer vierteljährlich vom Center for Financial Studies durchgeführten Managementbefragung unter Unternehmen des Finanzstandortes Deutschland.
Das Center for Financial Studies (CFS) betreibt unabhängige und international orientierte Forschung in allen wesentlichen Themenfeldern der Finanzmärkte, Finanzinstitutionen und Monetären Ökonomie: von Finanzstabilität und Bankenregulierung über Wertpapierhandel und -bewertung auf Finanzmärkten, Portfolioentscheidungen von Haushalten und Recht und Ökonomie von Finanzorganisationen bis hin zu Geldpolitik und Ökonomie von Finanzmärkten. Das CFS leistet, unter Verwendung relevanter Erkenntnisse aus seinen Forschungsbereichen, einen Beitrag zu politischen Debatten und Analysen. Es greift für seine Forschungsprojekte und Politikberatung auf ein Netzwerk aus Wissenschaftlern und Persönlichkeiten aus Finanzindustrie und Zentralbanken in- und außerhalb Europas zurück.
Mehr aus dem aktuellen CFS-Index:
Erfreuliche Entwicklungen in der Finanzbranche
Quelle: Pressemitteilung CFS
Bild: Alexandros Michailidis / Shutterstock.com