Zum Thema „New Realities – Fashion Fakes und KI Fabriken“ beschäftigt sich eine Sonderausstellung im Museum mit den Verknüpfungen zwischen Mode- und KI-Industrie. Sie dreht sich um Kommunikation, künstliche Intelligenz und digitale Bildästhetik mit dem Schwerpunkt auf Mode. Mode mag auf den ersten Blick ein eher untypisches Thema für künstliche Intelligenz sein, schafft aber für die Besucherinnen und Besucher einen einfachen Zugang zu Potenzialen und Grenzen von KI.





Dr. Annabelle Hornung, seit 1. Januar 2025 neue Direktorin des Museums, die die Ausstellung gemeinsam mit Maren Burghard und Stephanie Müller kuratiert hat, betont „Menschen tragen Mode, Maschinen machen Mode und das Museum zeigt Mode. Doch so leicht wie es scheint, ist es nicht.“ Die Ausstellung möchte mit unterschiedlichen Erzählsträngen dazu ermuntern, der KI „auf die Spur zu kommen“. Die meisten Inhalte der Ausstellung – nicht nur die Fotos – wurden mit Hilfe spezialisierter KI-Assistenten entwickelt.
Glamouröse Fotos von Mode und Arbeitswelt
Im Mittelpunkt steht Modefotos, die nicht nur die Kleidung, sondern auch das Umfeld inszenieren: Man sieht scheinbar Alltägliches – Menschen auf Parkplätzen, vor Kühltürmen oder beim Warten. Auf den ersten Blick handelt es sich um realistische Motive, die sich an der klassischen Modefotografie und jugendlichen Schönheitsnormen orientieren.
Die Sprache hat sich als Nadelöhr bei der Bildgestaltung erwiesen. Der Sprachgebrauch bei den Textvorgaben bestimmte, wie KI Personen darstellt, einschließlich Umfeld und möglicher Stereotypen. „KI erfindet die Welt nicht neu. Sie erschafft Neues, indem sie ihr im Training erworbenes Wissen aus mehr als 5,85 Milliarden Bild-Text-Paaren kombiniert und die Texteingaben der Nutzenden interpretiert“, erläutert eine Information.
Die Kuratorinnen „beauftragten“ die KI auch, Dienstbekleidung von Postbediensteten aus dem 19. und 20. Jahrhundert aus dem Bestand des Museums für Kommunikation einem „Face Lifting“ für das Jahr 2025 zu unterziehen. Aufgrund der Analyse von stilistischen und funktionalen Merkmalen entwickelte die KI visuelle Entwürfe. Der KI gelang es dabei nur unzureichend, alle notwendigen Kriterien zu berücksichtigen, um ein unmittelbar funktionsfähiges Kleidungsstück zu entwerfen – ob es um falschen Faltenwurf ging, Bündchen falsch platziert oder ungeeignete Materialien verwendet wurden.
Ebenso stellt KI die Arbeitswelt viel zu idealistisch dar: eine weitere Fotoserie zeigt Arbeitsalltag – mit vielen grünen Pflanzen, großzügigen Arbeitsplätzen in fast menschenleeren Büros und Maschinen in sauberen, aufgeräumten Fabrikhallen. Bei dem Auftrag für ein Foto eines alten Wählscheibentelefons scheiterte die KI. Wahrscheinlich finden sich im Internet zuwenig Informationen zu diesem „Klassiker“, so dass die KI Wählscheibe und Hörer vermengte.
KI als wichtiges Werkzeug und kreative Ergänzung
In einem Interview für das AI Magazin zur Ausstellung betonen der Modedesigner Samuel Gärtner und der Co-Chef von Strauss-Kleidung, Henning Strauss, übereinstimmend, dass KI die Modebranche bereits auf vielfältige Weise beeinflusst. So kann KI im Designprozess als Inspirationsquelle und digitaler Sparringspartner dienen oder technische Prozesse erleichtern, die den Arbeitsaufwand und die Materialverschwendung reduzieren. Für kleinere Labels wird es möglich, beeindruckende Kampagnen mit geringerem Budget umzusetzen. „Der entscheidende Faktor bleibt der Anwender, der die KI gezielt und kreativ einsetzt – und das Resultat innovativ weiterdenkt“, sagt Henning Strauss.
Eine sprechende Nähmaschine
Zu zahlreichen weiteren Exponaten zählt eine sprechende Nähmaschine, die ihre fiktive Geschichte als Assistentin von Karl Lagerfeld erzählt. Eine KI-generierte Stimme kombiniert echte Aussagen aus 50 Seiten orginalen Interviews mit dem Modeschöpfer. Die Nähmaschine zeigt, wie mühelos KI Narrative formen und Geschichte umschreiben kann.
In der Rauminstallation „Input, Output“ hat KI die Welt des Digitalen verlassen. Die Kuratorinnen gaben KI nur eine lose Rahmenhandlung vor. KI entwickelte daraus das Büro einer fiktiven Mode-Gewerkschaft mit Schreibtisch, Kühlung, Leseecke, Wäschekorb sowie natürlich Fotos, Notizen, Aufklebern und Plakaten an den Wänden. An einer Medienstation können zudem die Besucherinnen und Besucher testen, wie treffsicher sie KI-generierte Bilder erkennen können.
Informationen
Die Ausstellung ist noch bis zum 11. Januar 2026 im Museum für Kommunikation Frankfurt, Schaumainkai 53, Frankfurt, zu sehen. Öffnungszeiten sind dienstags bis sonntags (sowie an Feiertagen) von 10 bis 18 Uhr, mittwochs bis 20 Uhr. Zur Ausstellung ist ein eigens kuratiertes AI Fashion Magazin erschienen, kreativ und kritisch unter anderem mit Experteninterviews aus Wissenschaft, Mode und Industrie sowie natürlich glamourösen Ki-generierten Modefotos und Werbeanzeigen fiktiver Luxusmarken.
Weitere Informationen unter https://www.mfk-frankfurt.de
Text und Fotos: Dr. Wolfgang Gerhardt.