Am 20. Oktober 1993, dem 20. Todestag des Cellisten Pablo Casals startete die Erfolgsgeschichte der Kronberg Academy. Seine Witwe, Marta Casals Istomin eröffnete in Kronberg an diesem Tag das erste Musikfestival. Die Schirmherrschaft übernahm zudem der weltberühmte Cellist Mstislaw Rostropowitsch. Die Gründung hatte gemeinsam mit privaten Förderern der Cellist Raimund Trenkler initiiert, der seitdem Intendant der Kronberg Academy ist.
So ist die Kronberg Academy der Lebensmaxime von Pablo Casals zu Kunst und Menschlichkeit verpflichtet: „In erster Linie bin ich ein Mensch, in zweiter ein Künstler. Als Mensch ist es meine Pflicht, meinen Mitmenschen Gutes zu tun“, wie es der Künstler formulierte. Das Ziel ist deshalb, „die klassische Musik als Kunst und gemeinsame Sprache aller Menschen für die Zukunft auf höchstem Niveau stark und lebendig zu erhalten“.
Ausbildung und Inspiration für hochtalentierten Kammermusik-Nachwuchs
Die Kronberg Academy versammelt dazu hochtalentierte junge Geiger, Bratschisten, Cellisten und Pianisten, bringt sie mit etablierten Künstlerinnen und Künstlern zusammen und schafft so ein Umfeld für Ausbildung, Begegnung und Inspiration. Gegenwärtig studieren über 40 Musikerinnen und Musiker aus mehr als 20 Ländern in Kronberg. Ziel ist es, dass die Talente zu verantwortungsvollen Künstlerpersönlichkeiten werden, die künftig zum Beispiel als Solisten oder in führenden Positionen in grossen Orchestern die klassische Musik weltweit prägen. Das Studium soll quasi den „Feinschliff“ für die weitere Karriere vermitteln.
Die mehrjährigen Studiengänge werden inhaltlich und zeitlich individuell auf die Bedürfnisse der jeweiligen Studierenden angepasst. Eine Kooperation mit der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main ermöglicht es ihnen, einen Bachelor- und Master-Abschluss zu erwerben. Junge Pianisten werden durch das „Sir András Schiff Performance Programme for Young Pianists“ eingebunden, das sich auf die Kammermusik konzentriert.
Ein zentrales Element der Ausbildung bilden natürlich öffentliche Auftritte und Konzerte, einschließlich Meisterkurse und Proben. Sie bieten den Studierenden die Bühne, vor Publikum zu spielen. Lange Jahre fanden diese Konzerte in Stadthallen, Kirchen und anderen Sälen der Region statt – häufig mit einer wenig befriedigenden Akkustik.
Casals Forum mit ausgeklügelter Akkustik
Seit September 2022 verfügt die Kronberg Academy nunmehr über ein eigenes Konzertgebäude. Auf dem Gelände des ehemaligen Kohlelagerplatzes für den Bahnhof Kronberg entwarf das Architekturbüro Staab aus Berlin ein mehrfach preisgekröntes Gebäudeensemble aus Konzertsaal, einem kleineren Carl Bechstein-Saal, Proben-, Studier- und Verwaltungsräumen sowie einem angrenzenden Hotel. Die Silhouette des pavillonartigen, transparenten Casals Forums korrespondiert dabei mit dem Wahrzeichen der Stadt, der Kronberger Burg. Dank eines innovativen Eisspeichers ist es der erste Konzertsaal Europas, der CO2-neutral betrieben wird.
Der große Konzertsaal des Casals Forums mit 550 Sitzplätzen erinnert auf den ersten Blick ein wenig an den Korpus einer Violine oder eines Cellos. Das Raumvolumen, die geschwungenen konvexen und konkaven Wände, der durchgehende Rangbereich rund um Bühne und Parkett und die ausgewählten Hölzer und sonstigen Materialien ermöglichen eine ausgeklügelte Akustik, die speziell auf Kammermusik ausgerichtet ist und auf allen Plätzen ein vergleichbares Klangerlebnis schafft. Aufgrund dieser Akustik, für die der Niederländer Martijn Vercammen verantwortlich zeichnete, bewerten zahlreiche Experten das Casals Forum als einen der besten Kammermusiksäle weltweit.




Ein breitgefächertes Konzertprogramm
Mit dem Neubau konnte die Kronberg Academy ihr vielfältiges Veranstaltungsprogramm nahezu verdreifachen. Für die Saison 2025/2026 sind mehr als 160 öffentliche Konzerte geplant. Das diesjährige Kronberg Festival wird vom Chamber Orchestra of Europe und dem Pianisten Sir András Schiff eröffnet. Im Oktober startet eine Jazz-Reihe mit Fred Hersch, und im November werden die „Concerti Brillanti“ fortgesetzt. Im Mai 2026 folgt das Festival „Chamber Music Connects the World“.
Fast wöchentlich finden „Mittwochskonzerte“ statt, die von den Studierenden selbst gestaltet und organisiert werden. Öffentlich zugänglich sind die Prüfungskonzerte unter dem Motto „Masters in Performance“ sowie Meisterkurse. Bei „Bach im Fluss“ werden jeweils Werke von Johann Sebastian Bach für Soloinstrumente, wie Cembalo, Oboe oder sogar Akkordeon, vorgestellt. Seit 2024 gestalten bekannte Künstlerinnen und Künstler mit Weggefährten und den Kronberg Young Soloists an einem einzelnen Wochenende jeweils drei Konzerte als „Freundschaftsspiele“. So war im Juni dieses Jahres die Geigerin Janine Jansen, in der kommenden Saison Artist in Residence der Berliner Philharmoniker, zu Gast in Kronberg.
Breites privates, bürgerschaftliches Engagement
Zu den reinen Baukosten für das Casals Forum von mehr als von 60 Mio. Euro leisteten zwar der Bund als „Leuchtturmprojekt für Deutschland“ mit knapp 22 Mio. Euro und andere öffentliche Stellen mit knapp 6 Mio. Euro einen wesentlichen Beitrag. Der verbleibende Finanzbedarf und vor allem die gesamten laufenden Kosten werden jedoch überwiegend privat finanziert – durch Firmen und Stiftungen ebenso wie durch Privatpersonen, die zum Beispiel Patenschaften, Patronate für Orchesterprojekte und Studienplätze oder selbst Stuhlpatenschaften übernehmen. Eine wichtige Rolle bei der Förderung und Einbindung in die Region spielen die Freunde der Kronberg Academy e.V., die mittlerweile über 2.300 Mitglieder zählen.
Planungen für Erweiterungsbau
Die Kronberg Academy plant bereits für die Zukunft: Mit dem Bau eines Studentenwohnheims, in dem die Studierenden ein gemeinsames Zuhause und beste Voraussetzungen für ihr persönliches Üben finden, soll der „Campus“ der Kronberg Academy vollendet werden. In diesem Gebäude soll auch ein „Institute for Music and Health“ eröffnet werden, in dem die positiven Wirkungen von Musik auf die Menschen medizinisch-wissenschaftlich erforscht werden sollen.
Das Ehepaar Casals ist übrigens nicht nur als Namensträger auf dem Campus präsent: Im Erdgeschoss ist eine Bronzebüste von Pablo Casals aufgestellt, die 1971 von den Vereinten Nationen in Auftrag gegeben wurde. Im Obergeschoss wurde „Marta’s Cafe“ nach der Witwe benannt. Dort können sich Freunde der Kronberg Academy bei frisch gebackenen Kuchen und duftendem Kaffee austauschen.



Informationen
Der Campus der Kronberg Academy, Beethovenplatz 1, Kronberg im Taunus, liegt unmittelbar an der Endstation der S-Bahn-Linie 4, 22 Minuten vom Hauptbahnhof Frankfurt entfernt. Ausführliche Informationen, Veranstaltungshinweise und Tickets unter www.kronberg-academy.de. Regelmäßig werden öffentliche Führungen durch das Casals Forum, den Carl Bechstein-Saal und die Probenräume angeboten.
Text und Fotos: Dr. Wolfgang Gerhardt.