Hintergrund:
Sustainable Finance ist seit einigen Jahren ein durchaus kontrovers diskutiertes Thema. Kaum jemand bezweifelt den enormen Kapitalbedarf, der mit dem Umbau der Wirtschaft zu mehr Nachhaltigkeit in den Bereichen Energie, Mobilität, Industrie und Gebäude verbunden ist. Hinzu kommen u.a. die Bekämpfung von Umweltverschmutzung, die Förderung der Kreislaufwirtschaft und die Erhaltung von Biodiversität. Dazu bedarf es der Mobilisierung von privatem Kapital, die mit Hilfe von nachhaltigen Anlageprodukten (Green Financial Products) oder nachhaltigen Finanzierungsinstrumenten (Green Bonds, Green Loans) gelingen soll. Gleichzeitig kritisieren manche Marktteilnehmer die Komplexität der Regulierung (z.B. Taxonomie-VO, SFDR, CSRD) sowie die Gefahren des „Green Washing“.
Ergebnisse der Umfrage
Eine deutliche Mehrheit der Befragten (71,2 %) hält Sustainable Finance für sehr wichtig oder wichtig für die Finanzierung der nachhaltigen Transformation der deutschen Wirtschaft. Andererseits beklagt die große Mehrheit (78,1 %) der Panelisten die durch unterschiedliche regulatorische Vorschriften eingeführten detaillierten Berichtspflichten (disclosure) der Unternehmen und Finanzinstitute zur Nachhaltigkeit, die einen erheblichen Aufwand für Datenbeschaffung und ‑aufbereitung mit sich bringen. Derzeit gibt es unterschiedliche Initiativen zur Etablierung einheitlicher Berichtsstandards zur Nachhaltigkeit von Unternehmen (z.B. ISSB, EFRAG), die sich teilweise überschneiden. Eine deutliche Mehrheit (84,1 %) hält es für sehr wichtig oder wichtig, sich weltweit auf einheitliche Berichtsstandards zu einigen, um die Vergleichbarkeit für Investoren zu verbessern und den Aufwand für Unternehmen zu begrenzen.
„Die Umfrage verdeutlicht, dass man die komplexen regulatorischen Rahmenbedingungen überdenken sollte. Natürlich gilt es „Green Washing“ zu vermeiden. Jedoch sollte der Aufwand vor allem bei den kleineren und mittleren Marktteilnehmern verhältnismäßig bleiben“, erläutert Professor Volker Brühl, Geschäftsführer des Center for Financial Studies.
Seit August 2022 müssen Kundinnen und Kunden in Beratungsgesprächen nach ihren Nachhaltigkeitspräferenzen befragt werden. Dabei wird nach unterschiedlichen Nachhaltigkeitspräferenzen unterschieden (nach der Taxonomieverordnung, nach der Offenlegungsverordnung, nach der Vermeidung von negativen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsziele). Die systematische Erfassung dieser Präferenzen ist in der Beratungspraxis eine Herausforderung. Daher halten 74,5 % der Befragten die bisherige Regelung nicht für sinnvoll, da zahlreiche Kundinnen und Kunden mit dieser differenzierten Regelung überfordert seien.
Dennoch haben nachhaltige Anlageprodukte nach Auffassung von 78,8 % der Befragten ihre Berechtigung. Gleichzeitig glauben 47,6 % der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, dass zahlreiche nachhaltige Anlageprodukte ihren Zweck verfehlen.
„Die deutliche Mehrheit von mehr als 84 Prozent für einheitliche Berichtsstandards ist für mich ein klares und bestätigendes Mandat für den International Sustainability Standards Board (ISSB), mit Sitz in Frankfurt. Ziel ist es, eine globale Basis („global baseline“) für die Nachhaltigkeitsberichterstattung zu entwickeln und zu etablieren. Nur mit einer möglichst weitreichenden globalen Interoperabilität wird die Transformation gelingen. Frankfurt hat damit die Chance, sich als Zentrum dieser für die Kapitalmärkte so wichtigen Standardsetzung zu etablieren“, sagt Hubertus Väth, Geschäftsführer von Frankfurt Main Finance.