Lieferkettengesetz, Know-Your-Customer-Vorgaben, Geldwäschebekämpfung, Sanktionslisten – die Anforderungen an Unternehmen, alle Geschäftspartner zu kennen und zweifelsfrei bei Transaktionen identifizieren zu können, nehmen zu. Das trägt zur weiteren Verbreitung des Legal Entity Identifiers (LEI) bei. Der LEI ist ein alphanumerischer Code, der aus 20 Zeichen besteht und mit Referenzdaten verbunden ist, die eine eindeutige Identifizierung der Rechtsträger ermöglichen, die an finanziellen Transaktionen beteiligt sind. „Wir gehen davon aus, dass wir nahezu 90% der globalen Marktkapitalisierung mit der LEI abdecken“, berichtet Stephan Wolf, CEO der Global Legal Entity Identifier Foundation (GLEIF). Die großen Konzerne haben Wolf zufolge fast alle einen LEI. „Die Herausforderung ist der Mittelstand.“
Mittelständler fragten oft, warum sie denn eigentlich eine weltweit eindeutige Identifizierung wie den LEI brauchen, erzählt Wolf. Denn ihr Geschäft sei doch im Wesentlichen national ausgerichtet. Das möge für die Absatzseite gelten. „Aber die Lieferkette, die Supply Chain, ist international – auch bei Mittelständlern“, unterstreicht der Vorstandschef. Und genau da könnte der LEI eine Rolle spielen. Schließlich nähmen die Anforderungen an Unternehmen zu, darüber zu berichten, wer sie beliefert.
Selbstverständlich gebe es schon andere Identifier, zum Beispiel den Bank Identification Code, die BIC, stellt Wolf fest. Der BIC sei ein ISO-Standard, der als Adresse auf dem Swift-Netzwerk genutzt werde. Die Regeln für die Vergabe sowie die Erfassung von zugehörigen Daten seien auf diesen Zweck ausgerichtet. Es könne beispielsweise beim BIC passieren, dass der Name einer polnischen Firma englisch sei, obwohl die Firma in Polen unter polnischem Namen registriert sei. „Die beiden Namen kriegt man erst einmal nicht zusammen“, erläutert Wolf.
Digitalisierung der Supply Chain
An dieser Stelle funktioniere der LEI, denn sie sei ein ISO-Standard und agnostisch. Das heißt, sie sei nicht nur für einen speziellen Anwendungsfall geschaffen worden. Sie bringe die Digitalisierung der Supply Chain voran, denn sie schaffe einen gemeinsamen Rahmen für die Zahlungswelt mit BIC und IBAN und für die Lieferkette mit SAP-Programmen und Rechnungsnummern – ein einheitlicher Identifier vom Vertrag über den Frachtbrief bis zur Rechnung.
„Uns beschäftigt die Digitalisierung der Supply Chain auch aus der Perspektive der weltweiten Lieferanten“, erklärt Wolf. Derzeit beteilige sich seine Stiftung, also GLEIF, gemeinsam unter anderem mit den Vereinten Nationen und der Monetary Authority of Singapore, am Projekt Savannah. Ziel sei es, kleinen Unternehmen im asiatisch-afrikanischen Raum zu helfen, ESG-Anforderungen zu erfüllen, die die westliche Welt an sie stellt. Denn sonst riskierten diese Firmen, dass sie keine Abnehmer mehr finden für ihre Produkte und Dienstleistungen.
Wolf setzt darauf, dass die Regulierung der weiteren Verbreitung dem LEI Rückenwind verschafft. Der weltweite Standard für den Austausch von elektronischen Nachrichten zwischen Finanzinstituten, also für Payment Messages, sehe bereits den LEI als Eingabefeld vor. Es gebe also schon eine Standardisierung. „Aber jetzt geht es darum, ob die Regulierer weltweit LEI verpflichtend verlangen.“ Er erinnert daran, dass das Financial Stability Board, das FSB, eine Empfehlung ausgesprochen habe, dass der LEI benutzt werden solle für die Identifikation im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr. „Kurz und gut: Der Standard ist bereits da, aber jetzt müssen die Regulierer ihre Gesetze schreiben und die Banken sie umsetzen.“
Auch die Themen Sanktionen und Geldwäsche sind nach Wolfs Ansicht Treiber für LEI. Allerdings müsse man sehr genau unterscheiden. Bei den Sanktionen gebe es offizielle Listen, mit wem man kein Geschäft mehr machen darf. Jedes Unternehmen, das international tätig ist, müsse sehr viele Prüfungen machen, bevor es weiß, ob es mit jemandem Geschäfte machen kann. Da könnte der LEI helfen.
Bei der Geldwäschebekämpfung werde indes nicht mit Listen gearbeitet. Vielmehr müssten Banken verdächtige Transaktionen melden. Die Behörden interessierten sich für den wirtschaftlich Berechtigten, den „beneficial owner“. Aber Kriminelle versteckten sich häufig hinter einem Bündel von Firmen. Und es dauere oft Jahre, um ein solches Firmengeflecht zu entwirren. Der LEI könnte diese Arbeit vereinfachen.
Zusammenarbeit mit Vendoren
Die Stiftung bemüht sich zugleich, durch die Zusammenarbeit mit Datenvendoren, also Dienstleistern, die Preis- und Referenzdaten professionell aufzubereiten und sie unter anderem Investoren zu Verfügung zu stellen, LEI attraktiver zu machen. „In der westlichen Welt haben wir sehr große Datenvendoren. Alle diese Vendoren benutzen intern LEI“, berichtet Wolf. S&P zum Beispiel veröffentliche auf der Website von GLEIF den internen S&P-Identifier in Verbindung mit dem LEI. Somit könne man also LEI benutzen, um S&P-Daten zusammenzubringen beispielsweise mit Daten der London Stock Exchange, Bloomberg oder WM Daten. Der WM Datenservice gehört zur WM Gruppe, die auch die Börsen-Zeitung herausgibt. Insofern helfe LEI deutschen und europäischen Unternehmen, in den verschiedenen Datentöpfen die Geschäftspartner zweifelsfrei zu identifizieren.
Quelle: Artikel vom 5. August 2023 in der Börsen-Zeitung, von Detlef Fechtner
Foto Stephan Wolf: GLEIF