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FIRM-Forschungspreis 2020 für Benjamin Clapham

Preisgeld von 30 000 Euro für den Preisträger und die betreuende Goethe-Universität Frankfurt am Main

Das Frankfurter Institut für Risikomanagement und Regulierung hat zum dritten Mal den FIRM-Forschungspreis verliehen. Gewinner in diesem Jahr ist Benjamin Clapham mit seiner Dissertation zum Thema Integrity and Efficiency of Electronic Securities Markets. Damit setzte er sich gegen 14 Forscherinnen und Forscher aus dem In- und Ausland durch.

Der FIRM-Forschungspreis unter der Schirmherrschaft des hessischen Staatsministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen, Tarek Al Wazir, hat das Ziel, maßgebliche Forschung zum besseren Verständnis von Risikomanagement und Regulierung im Finanzdienstleistungssektor zu fördern. Eine hochkarätig besetzte Jury aus Vertretern von Wissenschaft und Wirtschaft hat unter allen mit summa oder magna cum laude promovierten eingereichten Arbeiten jene drei ausgewählt, die hochwertige theoretisch-konzeptionelle Grundlagenarbeit mit empirischer Forschung und innovativem Praxisbezug in bester Weise verbinden.

Die Teilnehmer der Endrunde, Jennifer Betz von der Universität Regensburg, Rebekka Buse vom Karlsruher Institut für Technologie und Benjamin Clapham von der Goethe-Universität Frankfurt, haben auf der FIRM-Forschungskonferenz am 14. Mai 2020 die wichtigsten Ergebnisse ihrer Arbeiten vorgestellt. Die digitale Konferenz stand unter der Leitung von Günter Franke, Universität Konstanz.

Erkennung von Manipulation

Durchsetzen konnte sich am Ende Benjamin Clapham mit seiner Arbeit über die Integrität und Effizienz elektronischer Wertpapiermärkte. Dazu heißt es in der Begründung der Jury: „Clapham hat durch seine sorgfältige Untersuchung von elektronischen Handelssystemen unser Wissen über deren Markt-Mikrostruktur erheblich erweitert. Insbesondere generiert er neue Erkenntnisse über die Wirkungen von Handelsunterbrechungen und Wirkungen des Hochfrequenzhandels.“

Betreut wurde Clapham von Peter Gomber, Professor für Betriebswirtschaftslehre, insb. E-Finance, an der Goethe-Universität Frankfurt.

Leitende Fragestellung für Clapham war, wie technologische Entwicklungen und Marktdesign Integrität und Effizienz elektronischer Wertpapiermärkte beeinflussen. Mit der automatisierten Erkennung von Finanzmarktmanipulationen, der Ausgestaltung von Mechanismen zur Sicherung eines geordneten Handels und den Wirkungen des Hochfrequenzhandels beleuchtete er drei wesentliche Entwicklungen.

Die Vielzahl von Order-Updates algorithmischer Händler und die steigende Anzahl von Transaktionen erschweren die Erkennung von Marktmanipulationen. Um die Integrität von Wertpapiermärkten zu sichern, müssen Manipulationsarten anhand ihrer Charakteristika systematisiert und die Verfahren zu deren Erkennung automatisiert werden.

Klassifizierungsschema

Automatisierte Verfahren erlauben Finanzintermediären und Regulierungsbehörden, in den immensen Datenmengen Marktmanipulationen ressourcenschonend zu erkennen. Clapham entwickelt ein Klassifizierungsschema für alle Arten von Finanzmarktmanipulationen und liefert somit eine Grundlage für eine verbesserte Marktüberwachung. Eine weitere Herausforderung für die Marktintegrität liegt darin, eine kontinuierliche Preisentwicklung im fortlaufenden Handel sicherzustellen. Hochfrequenzhandel und andere algorithmische Handelsformen können bei überraschenden Marktentwicklungen zu Preisüberreaktionen oder sog. Flash Crashs führen, insbesondere wenn Handelsalgorithmen ungeeignet auf plötzlichen Marktdruck oder auf falsche Informationen reagieren. Daher wurden an den meisten Wertpapiermärkten Sicherungsmechanismen eingeführt, die Preiskontinuität und gleichzeitig Marktliquidität unter extremen Marktbedingungen gewährleisten sollen. Dazu dienen sogenannte Volatilitätsunterbrechungen, die bei starken Kursänderungen den kontinuierlichen Handel durch eine Auktionsphase für kurze Zeit stoppen. Clapham untersucht verschiedene Designs von Volatilitätsunterbrechungen und zeigt, wie verschiedene Designparameter die Effektivität von Sicherungsmechanismen beeinflussen. Seine Ergebnisse erlauben, Handlungsempfehlungen zur Ausgestaltung von Sicherungsmechanismen abzuleiten.

Eine viel diskutierte Frage betrifft den Magneteffekt von Sicherungsmechanismen. Veranlasst die Antizipation einer wahrscheinlich kurz bevorstehenden Unterbrechung des kontinuierlichen Handels die Händler, im Vorfeld rasch Ihre offenen Orders auszuführen und damit zusätzliche Volatilität und das ultimative Auslösen des Sicherungsmechanismus hervorzurufen? Während einige Untersuchungen stärkere Handelsaktivitäten und Preisänderungen im Vorfeld beobachten, kommt Clapham zu einem gegenteiligen Befund.

Hochfrequenzhandel?

Die Arbeit untersucht auch die Effekte des Hochfrequenzhandels auf Wertpapiermärkte. Clapham belegt, dass der Hochfrequenzhandel die Geld-Brief-Spanne verkleinert und die Wiederbefüllung des Orderbuchs nach einem Liquiditätsschock beschleunigt. Damit verbessert der Hochfrequenzhandel die Effizienz von Wertpapiermärkten.

Clapham konnte die Jury mit seiner Arbeit überzeugen. „Die Dissertation leistet einen wichtigen Beitrag zur Finanzmarktforschung, indem sie relevante Aspekte rund um die Integrität und Effizienz elektronischer Wertpapiermärkte beleuchtet“, so der Vorsitzende der Jury, Günter Franke. Die Erkenntnisse können von Börsen bei der Ausgestaltung von Handelsregeln und der operativen Marktüberwachung sowie von Aufsichtsbehörden für die Regulierung des Handels genutzt werden. Der nächste FIRM-Forschungspreis wird 2022 vergeben.

Autor: Prof. Dr. Dr. h. c. Günter Franke (Co-Beiratsvorsitzender von FIRM)

Schlagworte: FIRM, Forschungspreis, Wertpapiermärkte

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