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Diversität spielt im Investorendialog untergeordnete Rolle

DVFA Monatsfrage: „Diversität spielt im Investorendialog immer noch eine untergeordnete Rolle – Qualifikation als entscheidendes Kriterium“

Der Berufsverband der Investment Professionals DVFA hat seine Mitglieder befragt, wie sie zum Thema Diversität in Führungsgremien von Unternehmen stehen. Immer mehr Investoren machen dieses Thema zu einem Anlagekriterium bei ihren Portfolioentscheidungen. Damit wird Diversität zunehmend Bestandteil einer umfassenden Unternehmensanalyse. Im Investorendialog nimmt das Thema dagegen noch keinen breiten Raum ein.

In seiner Befragung wollte der DVFA zunächst wissen, ob eine diverse Zusammensetzung der Aufsichtsräte und Vorstände bei der Unternehmensanalyse und den Investitionsentscheidungen eine Rolle spielt. 19 % der Befragten antworteten mit Ja, auch über die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben und Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex hinaus. Weitere 11 % antworteten ebenfalls mit ja, aber nur im Hinblick auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben und Empfehlungen des Kodex. Und noch einmal 15 % antworteten mit eher ja. Dagegen gaben 24 % die Antwort eher Nein und 31 % die Antwort Nein.

Geschlecht und Internationalität sind wichtige Diversitätskriterien

Befragt nach der Diversitätsdimension, die für sie im Vordergrund stünden, wählten die Investment Professionals die vorgegebenen sechs Dimensionen wie folgt, wobei Mehrfachnennungen möglich waren: Für mehr als zwei Drittel (77 %) steht das Geschlecht als wesentliches Kriterium für Diversität im Vordergrund. 69 % der Befragten wählten die Herkunft/Internationalität, 56 % den Ausbildungshintergrund, 53 % das Alter. Für lediglich 16 % steht die soziale Herkunft, für 3 % andere Diversitätsdimensionen im Vordergrund. Bei dieser Frage wurde in den Kommentaren insbesondere auf die Bedeutung der Qualifikation der Personen für ihre jeweilige Aufgabe hingewiesen, die wesentliches Kriterium für die Beurteilung sei.

Im Investorendialog bzw. Stewardship-Gespräch wird das Thema „unzureichende Diversität von knapp der Hälfte der Befragten (48 %) überhaupt nicht zur Sprache gebracht, auch wenn die Heterogenität der Führungsgremien eines Unternehmens unzureichend ist. 17 % der Investment Professional sprechen das Management oder Vertreter von Investor Relations dagegen aktiv auf das Thema an. Weitere 34 % erwähnen diesen Aspekt im Investorengespräch eher am Rande.

Für knapp die Hälfte (48 %) der DVFA Mitglieder sind die Vertreter der Investor Relations-Abteilungen bei den Unternehmen die bevorzugten Ansprechpartner beim Thema. Gut ein Drittel (35 %) suchen das Gespräch mit dem Vorstandsvorsitzenden oder einem anderen Vorstandsmitglied. Der Aufsichtsratsvorsitzende wird zu dem Thema von nur 15 % der Befragten angesprochen.
Ein Fünftel (21 %) der befragten Investment Professionals ist der Auffassung, Investoren sollten konkrete Anforderungen an eine diverse Zusammensetzung der Führungsgremien in ihre Anlage- und/oder Abstimmungsrichtlinien aufnehmen. Wichtig sei es, eine Nivellierung bestehender Nachteile anzustreben. 37 % sprechen sich zwar ebenfalls für eine Aufnahme von Anforderungen aus, doch solle diese eher unkonkret bleiben. 42 % lehnen die Aufnahme ab.

Diversität in den eigenen Unternehmen wird bei der Hälfte wenig berücksichtigt

Gefragt wurde auch, welche Instrumente sinnvoll sein könnten, um Diversitätsanforderungen stärker in das Abstimmungsverhalten auf Hauptversammlungen einbringen und einfließen zu lassen. Mehr Informationen und Transparenz der Portfoliogesellschaft hinsichtlich Diversität wünschen sich 58 % der Investment Professionals. Ausführlichere Lebensläufe fordert ein Viertel der Befragten. 26 % erachten weitere Informationen nicht für notwendig.
Die abschließende Frage nach der Diversität in den Führungsgremien des eigenen Unternehmens, in dem die Investment Professionals arbeiten, ergab ein differenziertes Bild, bei dem 27 % Diversität bereits angemessen berücksichtigt sehen. 24 % erkennen Bestrebungen, um die Heterogenität zu erhöhen – inklusive einer dazu gehörigen Strategie. Lediglich Absichten, aber bisher eher nur Absichtserklärungen sehen 20 %. Gar keine Absichten zur Erhöhung der Diversität in der Unternehmensführung erkennen 30 % der Befragten in ihren Unternehmen.

„Unternehmensanalysen und Investitionsentscheidungen, wie sie die Investment Professionals des DVFA tagtäglich vornehmen und treffen, basiert auf weit mehr als der Prüfung von Unternehmenskennzahlen“, sagt Michael Schmidt, Mitglied des DVFA Vorstands.

„Die Bewertung eines Unternehmens ist eng verknüpft mit dessen Governance, die auch an Diversitätskriterien gemessen wird. Das zeigt die Befragung, selbst wenn sie im Investorendialog nicht im Vordergrund zu stehen scheinen. Die Mitglieder des DVFA setzen auf die Qualifikation einer Person als entscheidendes Kriterium, berücksichtigen aber zugleich verschiedene Diversitätsdimensionen.“

Die DVFA Monatsfrage wendet sich an die 1.400 Mitglieder des Verbandes und widmet sich Themen, die in der Finanzbranche diskutiert werden. Die Ergebnisse der Umfrage werden regelmäßig an jedem 2. Dienstag im Monat veröffentlicht.

Foto: Christina @ wocintechchat.com via Unsplash

Text: DVFA

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