Written by 7:45 Finanzplatz, Frankfurt Life

Moderne Geldpolitik, uralte Münzen – und Gold zum Anfassen

Was ist Geld? Mit dieser Frage, die im Halbdunkel aufleuchtet, startet ein Rundgang durch das Geldmuseum der Deutschen Bundesbank. Zur Beantwortung spannt die Ausstellung einen weiten Bogen von den ersten Münzen bis zur heutigen Geldordnung. Am Ende dürfen Besucherinnen und Besucher einen Goldbarren aus den Währungsreserven in der Hand halten.

„Geld kann seinen Funktionen als Tauschmittel, Recheneinheit und Wertspeicher nur dann gerecht werden, wenn der Wert des Geldes über die Zeit hinweg stabil bleibt“, erläutert der Leiter des Geldmuseums, Dr. Ulrich Rosseaux, bei einer Führung für Frankfurt Main Finance e.V. „Dazu muss die Bevölkerung nicht nur eine abstrakte Vorstellung von Geldwertstabilität haben, sondern den konkreten Nutzen stabilen Geldes schätzen.“ Mit diesem Ziel hat die Deutsche Bundesbank eine spannende, interaktive Lern- und Erlebniswelt geschaffen, in der Erwachsene ebenso wie schon Kinder die abstrakte Welt des Geldes anschaulich und unterhaltsam erleben können – einschließlich eines 360-Grad-Kinos zum Thema „Geldwelten“.

Die Jahrtausende alte Welt des Bargeldes

Natürlich zeichnet die Ausstellung die Jahrtausende alte Geschichte des Bargeldes mit vielen seltenen und wertvollen Stücken nach. Von gehackten Edelmetallklumpen aus vorchristlicher Zeit über die Goldmünze, die Brutus zur Ermordung von Julius Caesar prägen ließ, über Denar, Taler und Dollar reicht die eindrucksvolle Auswahl bis zu den Präge- und Druckmaschinen, mit denen die heutigen Euro-Münzen und Banknoten produziert werden. Natürlich fehlt Falschgeld nicht – darunter ein handgemalter 1000-D-Mark-Schein. Im numismatischen Kabinett präsentieren sich dank Lupe und „Münzpaternoster“ die Exponate im Übrigen ganz nah und auf Augenhöhe.

Auch beim Bargeld gilt: andere Länder, andere Materialien. Von der Insel Yap im Südpazifik stammt Steingeld, das aus Aragonit besteht. In Afrika, Asien und Ozeanien waren Kaurischnecken die Weltwährung unter den traditionellen Zahlungsmitteln.

Der älteste Geldschein der Welt, der in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts in China ausgegeben wurde, verweist zusätzlich auf einen grundlegenden Unterschied. Dr. Ulrich Rosseaux stellt fest: „In Europa galt bis in das frühe 20. Jahrhundert hinein das Prinzip des werthaltigen Münzgelds. Der Nennwert einer Münze entsprach dabei dem Wert des Materials, meist Edelmetalle wie Gold oder Silber, aus dem sie hergestellt war. Das war in China anders. Die chinesischen Münzen sowie das dort schon seit dem 11. Jahrhundert gebräuchliche Papiergeld bestanden nicht aus wertvollen Materialien. Ihr Wert wurde nur durch die kaiserliche Autorität garantiert.“

Eine Bankfiliale mit virtuellen Angestellten

Den Übergang in die Welt des Buchgeldes, bei der physische Ausstellungsstücke naturgegeben fast vollständig fehlen, markiert eine virtuelle Bankfiliale. Vielmehr erläutern eine Angestellte und ein Angestellter hinter dem Schalter auf Abruf in Videosequenzen, wie Buchgeld entsteht, wie Kartenzahlungen oder Überweisungen über die Netze der Banken von einem Konto zum anderen „fließen“ und welche Dienstleistungen Banken anbieten.

Ein Kabinett „Sprache des Geldes“ entführt in die Renaissance-Zeit in Italien. Damals entstand das moderne Bankwesen, das jetzt im digitalen Geld und in den Kryptoanlagen eine neue Dimension erreicht hat.

Zentralbanken als Garant für die Geldwertstabilität

Ob auf einem Geldschein oder als Buchgeld auf einem Konto: der Betrag sagt zunächst wenig aus. Entscheidend ist, welche Kaufkraft sich mit dieser Zahl verbindet. So nimmt der Themenbereich „Geldpolitik“ eine zentrale Rolle in der Ausstellung ein. In der Kulisse eines Supermarktes lässt sich nachvollziehen, wie Inflationsraten berechnet werden. Die aktuellen Inflationsraten in den Ländern der Eurozone sind mit Kreide auf Preisschildern einer Fleisch- und Käsetheke notiert. Den dramatischen Geschehnissen der Inflation von 1923 in Deutschland ist eine stilisierte Arbeiterwohnung gewidmet – in Nachbarschaft zu Plakaten und Videos zum deflationären Teufelskreis der Weltwirtschaftskrise knapp zehn Jahre später.

In ein Kontrollzentrum versetzt, können Besucherinnen und Besucher dann nachvollziehen, welche Möglichkeiten eine Zentralbank hat, um die Preisstabilität zu sichern. Strategien, Analysen, Instrumente, Zeitabläufe und Wirkungskanäle werden auf großen Schautafeln erläutert. Unterhalb der Decke blicken „Falke“ und „Taube“ auf das Geschehen und geben so indirekt einen Hinweis, dass Meinungsverschiedenheiten zwischen Verantwortlichen über die richtige Vorgehensweise bestehen können.

Von der Deutschen Mark zum Euro

Zwei benachbarte Kabinette markieren den Übergang von der D-Mark zum Euro. Das Kabinett zur deutschen Zentralbankgeschichte mutet wie ein Studierzimmer aus dem 19. Jahrhundert an, während nebenan Bahnhofsatmosphäre den Aufbruch in die Euro-Zeit symbolisiert. Der virtuelle Kioskbesitzer plaudert über seine Erinnerungen an die Währungsumstellung. Für Dr. Ulrich Rosseaux spiegelt sich darin das Verständnis der Besucherinnen und Besucher wider: „Für die meisten ist der Euro selbstverständlich. Sie sind mit der neuen Währung aufgewachsen. Die D-Mark ist für sie Geschichte, häufig sogar ferne Vergangenheit.“

Im „Tower“ endet der Rundgang. Der Blick vom All auf die Erde zeigt, wie global Geld geworden ist. Handelsströme, Finanzströme, Wechselkurssysteme, Währungsreserven und ein Banknotenschwarm aus 170 Ländern demonstrieren, wie intensiv die Vernetzung geworden ist. Dazu die außergewöhnliche Möglichkeit, einen Goldbarren aus den deutschen Währungsreserven anzufassen und ein wenig anzuheben – 12,495 Kilo aus 99,99% reinem Gold im aktuellen Wert von rund 700.000 Euro.

Informationen zum Besuch

Das Geldmuseum befindet sich in Frankfurt, Wilhelm-Epstein-Straße 14. Es ist täglich (außer samstags) von 9 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei. Alle Texte und Videos sind in deutscher und englischer Sprache verfügbar. Bis zum 20. September 2023 zusätzlich Sonderausstellung zu Geld in Karikatur und Satire.

Mehr Informationen – einschließlich eines 3D-Rundgangs – unter: https://www.bundesbank.de/de/bundesbank/geldmuseum

Text und Fotos: Dr. Wolfgang Gerhardt

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