Written by 11:47 Nachhaltigkeit

Der EU Action Plan on Sustainable Finance

Notwendige Standardisierung oder Überregulierung?

Das Deutsche Aktieninstitut präsentierte Mitte Mai im Rahmen seiner Konferenzen mit hochkarätigen Referenten und Podiumsteilnehmern eine vielfältige Sicht auf den EU Sustainable Finance Action Plan und die damit verbundenen „Anforderungen und Chancen für Unternehmen und institutionelle Investoren“.

Die EU-Kommission will mit ihrem Aktionsplan Financing Sustainable Growth das nachhaltige Finanzwesen stärken und eine nachhaltige Unternehmensführung unterstützen. Zentrale Punkte der europäischen Gesetzgebungsinitiative sind dabei eine Nachhaltigkeits-Taxonomie, Standards für Grüne Anleihen und die Weiterentwicklung der Klimaberichterstattung von Unternehmen. Diese Aspekte standen auch im Mittelpunkt der Konferenz, die am 13. Mai unter Beteiligung hochrangiger Experten aus Industrie und Finanzwirtschaft, Wissenschaft und dem Bereich der NGOs sowie der Politik über Ziele, Wege, Chancen und Risiken diskutierten.

Auf dem Weg in eine Nachhaltige Finanzwelt

Bereits in der von Dr. Christine Bortenlänger, Geschäftsführender Vorstand des Deutschen Aktieninstituts, moderierten Einstiegsdiskussion von Thomas Kusterer, Finanzvorstand der ENBW, und Michael Schütze, Managing Director bei Allianz Global Investors wurde deutlich, dass das Thema „Nachhaltigkeit“ sowohl in der Real- wie in der Finanzwirtschaft angekommen ist. So bestätigte Schütze, dass gerade institutionelle Investoren mehr und mehr für die Implementierung von ESG-Kriterien ein echtes Interesse zeigten. Und auch der Realwirtschaft sei bewusst, dass nicht zuletzt aus ökonomischen Gründen die Beachtung von ESG-Kriterien beim unternehmerischen Handeln in den Fokus rücken müssen, so Kusterer. Von der neuen EU-Regulierung, allen voran der Taxonomie, erwarten sich beide Seiten vor allem mehr Transparenz und Klarheit. Risiken sieht man in der Gefahr einer Überregulierung.

Unterschiedliche Ambitionen bei EU und Bundespolitik

Mit viel Engagement und Leidenschaft für das Thema, berichtete im Anschluss Martin Spolc, Head of Unit Sustainable Finance der Europäischen Kommission, über den Stand des Action Plan, die Ziele sowie die nächsten Schritte. Er hob dabei drei zentrale Ziele hervor: 1. Die Lenkung von Kapitalströmen, 2. Nachhaltigkeit in den Mainstream des Risikomanagements zu befördern und 3. Die Förderung von Transparenz und Langfristigkeit in der Kapitalanlage. Bis Mitte Juni 2019 soll der finale Report der Technical Expert Group vorliegen und bis Ende des Jahres die Implementierung einer rechtlich verbindlichen Taxonomie starten. Alles Weitere liege dann in den Händen der neuen Kommission. Die Vertreterinnen der Bundespolitik äußersten sich dagegen in Bezug auf die geplante Taxonomie deutlich zurückhaltender. So betonte Dr. Eva Wimmer, Leiterin Finanzmarktregulierung im Bundesfinanzministerium unter der Fragestellung „Deutscher Aktionsplan zu Sustainable Finance?“, dass es v.a. auf Ausgewogenheit ankomme – simples Schwarz-Weiß denken sei nicht zielführend – und man sich Zeit lassen müsse, damit die Regelungen auch nachhaltig wirken könnten. Bettina Stark-Watzinger, MdB und Vorsitzende des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags, betonte im folgenden Panel zur Frage nach der Klassifizierbarkeit nachhaltiger Wirtschaftstätigkeit, dass es sich um ein „sehr komplexes Thema“ handle und die Finanzmärkte hier nur dienende Funktion einnehmen könnten: „Die Umweltpolitik gehört ins Umweltministerium.“ Zudem favorisiere sie eine Konsolidierung der bereits vorhandenen Lösungen gegenüber einer neu auszuhandelnden Taxonomie auf europäischer Ebene.

Möglichkeiten der Klassifizierung, Offenlegung und Green Bonds

Einig war man sich auf dem Panel zur Taxonomie, dass von Karsten Löffler, Co-Head des Climate Finance Centre der Frankfurt School of Finance & Management geleitet und durch Stefan Haver, Head of Corporate Responsibility Evonik Industries, und Dr. Matthias Schmidt, Head of ESG beim Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland komplettiert wurde, dass es in erster Linie auf die Anwendbarkeit der Taxonomie ankomme. Hierzu müssten auch die vorhandenen Erfahrungen der Industrie miteinbezogen werden, hob Haver hervor. Ein möglicher Weg Nachhaltigkeit zu klassifizieren und messbar zu machen, wäre eine wie auch immer geartete CO2-Bepreisung, die dann über den Eingang in die GuV auch transparent gemacht würde, so der Vorschlag des Wirtschaftsprüfers.

Nach der Mittagspause diskutierten Nico Fettes, Head of Climetrics Ratings CDP Europe, Dr. Klaus Hufschlag, Senior Vice President Finance Business Intelligence & Analytics Deutsche Post DHL Group, und Dr. Thomas Schmotz, Technical Director des Deutschen Rechnungslegungs Standards Committee, über die Offenlegung klimabezogener Aspekte. Nico Fettes berichtete, dass Großanleger zunehmend bei ihrem Abstimmungsverhalten auf ESG-Aspekte achten und die Bedeutung dieser an den Kapitalmärkten wachse. Als Hemmnisse bei der Nutzung von ESG-Information gelten nach einer Umfrage des CFA-Institute mangelnde Quantifizierbarkeit, Vergleichbarkeit, Glaubwürdigkeit und Wesentlichkeit. Einigkeit herrschte darüber, dass die Empfehlungen der im Auftrag der G20-Finanzminister eingesetzten Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) hier eine gute Orientierung bei der Reglung der Offenlegung geben könne und diese in die EU-Vorschläge integriert werden sollten.

Auch auf dem Panel zu den Markterwartungen an die Green Bond-Regelungen, das von Jochen Krimphoff, Deputy Director Green Finance beim WWF moderiert wurde („Wohl das erste Panel zu Sustainable Finance, dass von einem NGO-Vertreter moderiert wird,“ wie Kriphoff hervorhob), herrschte weitgehende Einigkeit: Sowohl Julien Bras, Portfoliomanager bei Allianz Global Investors, als auch Thomas Liesch, Senior Manager Climate Integration Allianz SE und Ingo-Peter Voigt, Senior Vice President / Head of Finance bei EnBW, betonten die Notwendigkeit einer Standardisierung. „Transparenz über den Investitionszweck ist essentiell,“ so Voigt. Darüber hinaus erhöhe eine Standardisierung das Ambitionsniveau der Emittenten, wie Liesch hervorhob. Portfoliomanager Bras verspricht sich vom neuen Standard, dass dieser die Emissionstätigkeit von Unternehmen fördern werde, die bislang noch nicht aktiv seien. Allerdings bedürfe es auch pragmatischer Lösungen, um potentielle Emittenten nicht abzuschrecken.

Modewelle oder Must Do?

„Modewelle oder Must Do?“: v.l. Dr. Bert Flossbach (Flossbach von Storch), Dr. Steffen Hörter (Allianz Global Investors), Andreas Hilka (Pensionskasse Hoechst) und Moderator Dr. Lothar Rieth (EnBW).

Uneinigkeit herrschte dagegen auf dem abschließenden Panel unter Beteiligung von Dr. Bert Folssbach, Mitbegründer und Vorstand von Flossbach von Storch, Andreas Hilka, Mitglied des Vorstands der Pensionskasse der Mitarbeiter der Hoechst-Gruppe, sowie Dr. Steffen Hörter, Global Head of ESG-Strategy bei Allianz Global Investors darüber, ob Nachhaltigkeit nun ein Must-Do oder doch nur eine Modewelle sei. Die große Resonanz der Veranstaltung – der Saal war bis auf den letzten Platz besetzt – als auch das Momentum, welches das Thema nicht zuletzt durch die Initiative der Europäischen Kommission in Politik, Real- und Finanzwirtschaft ausgelöst hat, zeigen ebenso wie die rasant gestiegene gesellschaftliche Einsicht in die Notwendigkeit zu handeln, dass sich die Finanzindustrie inzwischen intensiv mit dem Thema beschäftigt und letztlich auch ernsthaft auseinandersetzen muss.

(Visited 1.339 times, 1 visits today)
Close