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Frankfurt aus Sicht einer Londonerin: 100 Gründe den Finanzplatz zu lieben

Warum liebt man das Leben am Finanzplatz Frankfurt? Gründe hat die in Frankfurt lebenden Londonerin Louise Sagar allemal und diese stellt sie in Ihrer Twitter-Kampagne #100ReasonsILoveFrankfurt genau vor. Im Interview erklärt Sie uns, was sie nach Frankfurt gezogen hat und wieso sie das Leben in der Stadt so genießt.


Wann und warum hat es Sie nach Frankfurt gezogen?

2009 lebte ich in Luxemburg und mein Arbeitsvertrag lief aus. Ein Freund erzählte mir von einer offenen Stelle als Übersetzerin/Redakteurin bei der Europäischen Zentralbank in Frankfurt. Ich wusste zwar nichts über die Institution oder die Stadt, aber ich war offen dafür, überall zu arbeiten und zu leben, also habe ich mich einfach beworben. Als ich zum Vorstellungsgespräch nach Frankfurt kam – ohne Vorurteile gegen Stadt oder Job – fühlte ich mich sehr unbeschwert. Ich erinnere mich lebhaft daran, wie ich nach dem Gespräch über eine Main-Brücke ging, die Skyline betrachtete und dachte: Das fühlt sich richtig an! Ich will hier arbeiten und leben. Der Job klang großartig und ich hatte unmittelbar eine Verbindung zur Stadt. Manchmal bringt das Leben einen genau dorthin, wo man sein sollte. Ich habe den Job bekommen, und damit hat sich mein Leben für immer verändert. Ich habe mir in Frankfurt meine Art von Leben aufgebaut.

Was war Ihr erster Eindruck als Londonerin, die am Finanzplatz Frankfurt lebt?

Es hat mich umgehauen, wie einfach alles war. Ich erinnere mich vor allem daran, wie erstaunt ich war, dass ich entlang wunderschöner, verkehrsarmer Straßen und am Fluss entlang zur Arbeit laufen konnte – und für nur 7 Euro konnte ich ein Taxi aus der Innenstadt zu meiner Wohnung nehmen!!! In London kostete das Taxi nach Hause ein Vermögen und Weg-geh-Abende in der Stadt fanden mit der letzten U-Bahn nach Hause häufig ein verfrühtes Ende. Außerdem liebte ich das Lebensgefühl in Frankfurt. Es ist eine Stadt, aber sie ist nicht hektisch oder erdrückend. Ich schlenderte am Wochenende heiter durch das belaubte Sachsenhausen (wo ich damals lebte – jetzt bin ich eine Nordenderin). Ich war verliebt in die Skyline. Während meines ersten Winters in der Stadt hat es viel geschneit und Frankfurt funkelte. Ich erinnere mich daran, wie ich an einem Wochenendmorgen um 4 oder 5 Uhr aus einem Club kam und von einem Winterwunderland begrüßt wurde – es hatte stark geschneit, während wir unterirdisch die Nacht durchtanzten. Wir liefen durch den Schnee zum Südbahnhof, wo wir an einer Bäckerei vorbeikamen, die nach frischen Croissants duftete, die wir dann warm gegessen haben. Es scheint mir, dass wir in Frankfurt ausgeprägtere Jahreszeiten haben als in London. Im Winter ist es kälter und im Sommer heißer als in London. Das gefällt mir.

Was hat Sie am Finanzplatz Frankfurt stutzig gemacht?

Ich fand es merkwürdig, dass es in den Pubs Tischservice gibt. In Großbritannien drängen wir uns alle um die Bar, während wir hier in Frankfurt an Tischen sitzen und bei einer Bedienung bestellen. Eigentlich finde ich das noch immer ein bisschen seltsam! Es ist eine gemächlichere Herangehensweise an einen Abend in der Stadt. Aber wenn ich nun nach Hause nach Großbritannien fahre, finde ich es ein wenig frustrierend, an der Bar auf einen Drink warten zu müssen. Allerdings ist es etwas geselliger: Ich denke, dass Singles eher jemanden treffen, der auch an der Bar steht. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass ich der lauteste Mensch in Frankfurt bin: Wenn ich in einem Café oder Restaurant lachte, drehten sich die Leute um und schauten mich an! Das passiert immer noch ?. Zudem brauchte ich lange, um mich daran zu gewöhnen, dass die Geschäfte sonntags geschlossen sind… aber das ist etwas, was ich jetzt wegen des ruhigen Sonntagsgefühls sehr schätze.

Natürlich sind wir Fan Ihrer Twitter-Serie #100ReasonsILoveFrankfurt. Was hat Sie dazu bewogen, damit anzufangen?

Damals gab es mehrere Artikel in der britischen Presse, in denen es hieß: „Oh nein, nach Brexit werden wir alle ins langweilige Frankfurt ziehen müssen.“ Das hat mich geärgert, da es ein so uninformierter Standpunkt ist. Ich fühlte mich sehr defensiv – ich wollte der Welt mitteilen, wie ich mich als in Frankfurt lebende Expat fühlte. All das ging mir durch den Kopf, und dann twitterte der Journalist Tom Barfield (Nachrichtenagentur AFP) ein Bild vom Berger Straßenfest bei strahlend blauem Himmel. Er schrieb: „Ein weiterer schrecklicher Tag in Frankfurt.“ Dies fasste alles zusammen, was ich fühlte. Ich liebte es, und es war der Katalysator für meine 100 Reasons-Serie.

Wir wissen, dass Sie #100ReasonsYouLoveFrankfurt haben, aber was sind Ihre drei Hauptgründe?

Das ist eine wirklich schwere Frage…Der erste Grund ist allerdings einfach: Mein absoluter Favorit in Frankfurt sind die Freibäder im Sommer. Als Schwimmerin bin ich am glücklichsten, wenn ich im nahegelegenen Brentanobad im Freien schwimmen und danach auf der Liegewiese entspannen kann. Außerdem liebe ich die fast jedes Wochenende stattfindenden Straßenfeste. Im Vergleich zu dem den Aufwand, den ich früher für Veranstaltungen in London auf mich genommen habe, kann ich in Frankfurt einfach zu einem der Straßenfeste um die Ecke gehen – und wenn ich genug habe, laufe ich nach Hause. Für mich ist das wirklich wichtig. Einige bevorzugen eine größere Auswahl und den Großstadtdschungel, aber für mich ist das hier besser. Ich glaube, was ich am meisten liebe, ist einfach das Gefühl, dass mir mein Leben in Frankfurt gibt. Es ist schwer zu beschreiben. Es sind die Gebäude in den verschiedensten Architekturstilen und die Parks, die Möglichkeit überall zu Fuß gehen zu können – es ist die Lebensqualität. Ich fühle mich auch sicher. Ich liebe Frankfurt zu jeder Jahreszeit. Gerade jetzt bereitet mir der Winter in unserer Stadt so viel Freude.

Wollen Sie noch etwas hinzufügen?

Ich fühle mich nicht mehr ganz nach Großbritannien gehörig, was ein wirklich seltsames Gefühl ist. Ich vermisse meine Familie, den britischen Sinn für Humor und die Tatsache, dass die Menschen in Großbritannien auf der Straße und in den Geschäften mehr miteinander reden. Aber ich lebe im Ausland und bin ein internationales Leben gewöhnt. Zudem ist es ja auch recht einfach von Frankfurt aus, meine Familie zu besuchen, da der Flughafen sehr gut erreichbar ist und unzählige Verbindungen nach London bestehen. Wenn ich nach meiner Abreise wieder in Frankfurt ankomme, freue ich mich, die Skyline zu sehen und fühle mich wie zuhause! Sollte ich jemals woanders hinziehen, was durchaus möglich ist, da ich an verschiedenen Orten leben möchte, wird die nächste Stadt eine Menge bieten müssen.

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