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DVFA-Monatsfrage April: KI im Aktienresearch – Evolution statt Revolution

Künstliche Intelligenz verändert das Aktienresearch – jedoch nicht disruptiv, sondern Schritt für Schritt. Eine aktuelle DVFA-Umfrage zeigt: Analysten bleiben auch in Zukunft unverzichtbar, KI dient vor allem als unterstützendes Werkzeug. Die größte Stärke sehen die Befragten in der Datenverarbeitung, während ethische und regulatorische Fragen besondere Aufmerksamkeit verlangen.

Die rasante Entwicklung Künstlicher Intelligenz (KI) wirft zunehmend die Frage auf, inwiefern diese Technologien bestehende Prozesse im Finanzsektor verändern werden – insbesondere im Bereich des Aktienresearchs. Eine Umfrage unter den DVFA Investment Professionals hat ein differenziertes Bild gezeichnet, das Chancen wie auch Herausforderungen beim Einsatz von KI im Research beleuchtet.

Die Einschätzungen zur Frage, ob KI traditionelle Aktienanalyse-Methoden in den kommenden fünf bis zehn Jahren ersetzen könnte, zeigen ein klares Meinungsbild: Ein vollständiger Ersatz menschlicher Analysten durch KI wird von den Befragten nicht erwartet. Keiner der Teilnehmer sieht das Research als obsolet an. Stattdessen halten 49 % es für wahrscheinlich, dass KI einen erheblichen Anteil des Research-Prozesses automatisiert und menschliche Analysten sich auf strategische, nicht automatisierbare Aufgaben fokussieren. Weitere 49 % sehen KI primär als unterstützendes Werkzeug, das die Expertise des Menschen ergänzt, jedoch nicht ablöst. Nur 2 % gehen von einem geringen Einfluss der Technologie aus.

Besonders großes Potenzial wird der KI bei der automatisierten Datenverarbeitung im Rahmen der Fundamentalanalyse zugesprochen, 48 % der Befragten sehen hier die größte Wirksamkeit. Weitere 31 % verorten die Stärken der Technologie in der Sentiment- und Marktdatenanalyse, etwa bei der Erkennung von Marktstimmungen und Mustern in Echtzeit. Auch im Bereich quantitativer Handelsstrategien sehen 17 % eine sinnvolle Anwendung. Nur 4 % halten den KI-Einsatz in diesem Umfeld für kaum zielführend.

Abbildung:: In welchen Bereichen des Aktienresearchs halten Sie den Einsatz von KI für besonders effektiv? Quelle: DVFA e. V.

Ein nachhaltiger Wettbewerbsvorteil durch KI-gestütztes Research wird von der Mehrheit der Befragten für wahrscheinlich gehalten, jedoch nicht im Alleingang. 65 % sehen einen Mehrwert insbesondere in der Kombination von Algorithmen und menschlicher Expertise. 17 % erwarten sogar eine Überlegenheit von KI in puncto Geschwindigkeit, Präzision und Effizienz. Demgegenüber stehen 15 %, die langfristige Investmententscheidungen weiterhin als dominiert durch menschliches Urteilsvermögen sehen.

Trotz des hohen Potenzials sehen die Befragten verschiedene Limitationen. 35 % bewerten das Risiko von Fehlinformationen durch verzerrte oder unvollständige Trainingsdaten als größte Herausforderung. 33 % heben die Schwierigkeiten bei der Interpretation qualitativer Faktoren wie Unternehmensführung oder Marktdynamik hervor, während 30 % mangelnde Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse kritisieren.

Der Fokus des Analysten verändert sich

Die zukünftige Rolle von Analysten wird mehrheitlich als weiterhin bedeutsam eingeschätzt, wenn auch mit veränderten Schwerpunkten. 56 % der Umfrageteilnehmer erwarten, dass Analysten sich künftig verstärkt auf nicht automatisierbare Aspekte wie Unternehmensgespräche oder Marktinterpretation konzentrieren. 24 % sehen die Analysten primär in der Rolle der Validierung und Interpretation KI-generierter Ergebnisse. Nur 3 % gehen davon aus, dass Analysten langfristig durch KI ersetzt werden, während 17 % die menschliche Expertise auch zukünftig für zentral halten.

Regulatorische und ethische Fragestellungen im Vordergrund

Ein bedeutender Teil der Diskussion dreht sich um regulatorische und ethische Herausforderungen. 37 % der Teilnehmer benennen unklare Haftungsfragen und fehlende Transparenz als zentrales Risiko. 34 % äußern Bedenken hinsichtlich potenzieller Marktmanipulation durch algorithmische Verzerrungen oder Desinformation. Datenschutzfragen sehen 21 % als kritisch an. Nur 8 % betrachten den Einsatz von KI im Research als unproblematische technologische Weiterentwicklung.

Abschließend zeigt die Umfrage, dass KI im beruflichen Alltag vieler Investment Professionals bereits eine Rolle spielt, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß.

Abbildung: Wie häufig nutzen Sie Künstliche Intelligenz im beruflichen Alltag? Quelle: DVFA e. V.

Fazit: KI als evolutionärer, nicht revolutionärer Schritt

Die Umfrageergebnisse verdeutlichen: Künstliche Intelligenz wird das Aktienresearch in den kommenden Jahren verändern, jedoch nicht durch einen radikalen Bruch, sondern durch eine schrittweise Transformation. Die Integration von KI-Systemen wird vor allem die Effizienz steigern, Standardprozesse automatisieren und neue Erkenntnismöglichkeiten eröffnen. Dennoch bleibt der Mensch als Interpret, Entscheider und ethischer Kompass unersetzlich. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in einer symbiotischen Verbindung von Technologie und menschlicher Urteilskraft.

„Es ist wichtig, Risiken zu erkennen und geeignete Maßnahmen zur Minimierung der Gefahren von KI im Finanzresearch zu ergreifen, während man die Vorteile nutzt. Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen menschlicher Expertise und KI-gestützten Analysen kann jedoch helfen, fundierte Entscheidungen zu treffen“, meint Thorsten Müller, Vorstandsvorsitzender der DVFA.

„Ethische Fragen spielen neben der Regulatorik eine wichtige Rolle. So können KI-Modelle unbeabsichtigte Vorurteile, Bias, aufweisen, die aus den Trainingsdaten stammen. Dies kann in diskriminierende Beurteilungen münden, die nicht nur unethisch sind, sondern auch rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen können.“ Peter Thilo Hasler, DVFA-Vorstandsmitglied und ausgewiesener Experte auf dem Gebiet, ergänzt: „Entscheidend ist die Qualität der zugrunde liegenden Daten, denn mit ihnen steigt oder fällt der Wert der Vorhersage. Die zugrundeliegenden, auf Deep Learning basierenden Algorithmen sind zudem eine Blackbox und deuten auf einen bemerkenswerten Mangel an Transparenz. Zu wenig besprochen wird ebenso die Möglichkeit der Marktverzerrung aufgrund ähnlicher Algorithmen.“

 

Quelle: DVFA-Monatsfrage April: Für Aktienanalysten ist der Einsatz Künstlicher Intelligenz ein evolutionärer, nicht revolutionärer Schritt  – DVFA e. V. – Der Berufsverband der Investment Professionals

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