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3 Fragen an Natalia Kluger, Partner bei Deloitte Deutschland im Bereich Risk Advisory

Die Studie „Building a Future-Ready Investment Firm“ bietet faszinierende Einblicke in die neuesten globalen Megatrends im Wealth Management und zeigt, wie Digitalisierung und technologische Innovationen die Branche revolutionieren können. Wir haben mit Natalia Kluger, Partner bei Deloitte Deutschland im Bereich Risk Advisory, darüber gesprochen, welche Bedeutung diese Trends für die Zukunft des Wealth Managements haben.

FMF: Die Studie „Building a Future-Ready Investment Firm“ beleuchtet diverse globale Megatrends im Wealth Management.

Welche wesentlichen Entwicklungen hebt die Studie hervor und welche Bedeutung haben diese Trends für die Zukunft des Wealth Managements?

Natalia Kluger: Die Ergebnisse unserer Studie sind insgesamt sehr umfassend, aber natürlich gehören zu den wichtigsten Trends vor allem Digitalisierungsthemen. Der Einsatz modernster Technologien und digitale Innovation spielen in diesem Zusammenhang eine besonders prägnante Rolle. Beispielsweise können sich Unternehmen hierdurch als digitale Marktführer positionieren, die Fähigkeiten der Kundenberater verbessern, Aufgaben automatisieren und ein stärker personalisiertes sowie umfassenderes Kundenerlebnis bieten.

All das wird notwendig sein, um den veränderten Kundenbedürfnissen der Anleger gerecht zu werden. Da die Kundenvielfalt hinsichtlich Alter, Standort, Geschlecht, Vermögensniveau und Lebensstil noch weiter steigen wird, sind hochgradig personalisierte Lösungen und eine breitere Beratungsbasis gefordert. Wealth Manager, die Daten und Technologie geschickt einsetzen, können sich diesen Umstand zunutze machen und ihre Angebote bestmöglich an die jeweiligen Anleger anpassen. Dazu zählt auch die Entwicklung innovativer ESG-Angebote, die Marktrenditen mit positiven Auswirkungen auf die Umwelt in Einklang bringen und potenzielle Missverständnisse ausräumen.

Zudem wird es dank des technologischen Fortschritts und der Steigerung der Kosteneffizienz immer besser möglich, das Leistungsspektrum zu erweitern: Anlagemöglichkeiten und Lösungen, die bisher nur sehr vermögenden Kunden vorbehalten waren, können einem breiteren Publikum zugänglich gemacht werden. Infolgedessen werden neue Marktteilnehmer die Branche aufmischen und als Katalysatoren für Veränderungen dienen. Da die Wealth-Management-Branche besonders kapitalintensiv ist, werden aller Wahrscheinlichkeit nach vor allem größere und etablierte Unternehmen als Gewinner aus dieser Entwicklung hervorgehen.

Die Wealth-Management-Studie zeigt, dass technologische Innovationen wie KI die Branche erheblich verändern werden.

Wie beeinflussen AI und andere digitale Technologien die Zukunft der Branche? Welche konkreten Vorteile bietet die Implementierung von AI für Anleger?

Der Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) im Finanzsektor ist nichts Neues, doch die Einführung von Generativer KI (GenAI) und die veränderten Erwartungen der Verbraucher stellen den Vermögensverwaltungssektor vor neue Herausforderungen und bietet zugleich Chancen. Da Anleger zunehmend personalisierte, kostengünstige Lösungen verlangen, erweist sich die Integration von KI als transformative Strategie für Wealth Manager. Indem sie die Fähigkeiten der KI nutzen, können Institute nicht nur die sich entwickelnden Bedürfnisse ihrer Kunden erfüllen, sondern auch ihre Betriebseffizienz und ihre allgemeine Wettbewerbsfähigkeit verbessern.

Über die Hälfte der befragten Anleger in Deutschland und weltweit gaben an, in den nächsten drei Jahren den Anbieter wechseln zu wollen. Die technologischen Fortschritte wie KI können die Bindung bestehender und die Gewinnung neuer Kunden wesentlich unterstützen. Geht es um die Wahl eines Anbieters, so sind niedrige Gebühren der wichtigste Aspekt für deutsche Kunden. KI kann hier dabei helfen, Arbeitsabläufe zu optimieren und Gemeinkosten zu senken, ohne dass die Qualität der Dienstleistung darunter leidet.

Natürlich ist auch das Thema Innovation äußerst beliebt. In diesem Zusammenhang können KI-gestützte Analysen und prädiktive Modellierung den Produkt- und Lösungsauswahlprozess sowie die Optimierung des Gesamtportfolios einschließlich Szenarien und Analysen unterstützen. Daneben legen deutsche Anleger auch großen Wert auf Vertrauen und Markenreputation. KI kann eine entscheidende Rolle beim Aufbau und Erhalt des Kundenvertrauens spielen, indem sie maßgeschneiderte Kommunikation ermöglicht und Empfehlungen unterstützt, die auf die individuellen Bedürfnisse und Vorlieben des Kunden zugeschnitten sind.

Im internationalen Vergleich unterscheidet sich Deutschland bezüglich der Kriterien, die Anleger bei der Auswahl eines Investmentanbieters berücksichtigen.

Welche Unterschiede gibt es in den Prioritäten der deutschen Investoren im Vergleich zu globalen Investoren?

Für Privatkunden in Deutschland steht in erster Linie der Vermögenserhalt und der Vermögensübergang auf die nächste Generation im Vordergrund, insbesondere bei sehr großen Vermögen. Dies trifft ebenfalls auf andere Länder zu, ist aber in Deutschland nochmals stärker ausgeprägt. Vor diesen Hintergrund spielt auch die Einbeziehung der jeweiligen steuerlichen Situation für hiesige Anleger eine besondere Rolle. Insofern sind Dienstleistungen, wie bspw. im Bereich Wealth Planning, ein echtes Differenzierungsmerkmal.

Zudem hat sich im Vergleich zu asiatischen Ländern, oder auch Ländern des Mittleren Ostens, gezeigt, dass die Nutzung und Kommunikation über digitale Medien und Unterstützung durch KI weniger im Vordergrund stehen. Außerdem erweisen sich deutsche Kunden im internationalen Vergleich als Bedenkenträger: Selbst, wenn die Angst vor Inflation und Bedenken hinsichtlich Datenschutzes auch anderorts zu den größten Sorgen zählen, sind diese hierzulande höher ausgeprägt. Wealth-Manager in Deutschland müssen daher das Thema Cybersicherheit großschreiben und unter Beweis stellen, dass sie längerfristig Renditen oberhalb der Inflationsrate erwirtschaften können.

Welche Erkenntnisse liefert die Studie in Bezug auf nachhaltige Investitionen und ESG. Wird dies an Bedeutung für die Anleger zunehmen?

Die von Kunden und Wealth Managern in Deutschland gewonnenen Erkenntnisse bieten auch wertvolle Einblicke in deren Präferenzen und Erwartungen bezüglich ESG-Aspekten: Mehr als die Hälfte der Kunden stimmen bereits zu, dass ESG ein wichtiges finanzielles Kriterium bei ihren Anlageentscheidungen werden wird. Daher gehen Wealth-Manager den einzig konsequenten Schritt und planen, ihre ESG-Investitionen in den nächsten drei Jahren deutlich auszuweiten.

Mit der wachsenden Aufmerksamkeit für nachhaltiges Investieren steigen jedoch gleichzeitig die Chancen und die Skepsis – sowohl bei Wealth-Managern als auch bei deren Kunden. Vermögensverwalter erkennen die Existenz von Konflikten zwischen nachhaltigen Anlagezielen und Treuhand-/Eignungsstandards an und betonen die Notwendigkeit, die regulatorischen Rahmenbedingungen an die Nachhaltigkeitsziele anzupassen.

Auch Kunden äußern erhebliche Vorbehalte gegenüber nachhaltigen Investitionen. Hier geht es insbesondere darum, dass Standards und Kennzahlen noch nicht ausgereift sind oder gänzlich fehlen. Ein signifikanter Anteil glaubt zudem, dass ihrem Kundenberater das Wissen über nachhaltige Investitionen fehlt oder dass ESG-Ziele die finanziellen Erträge schmälert. Zudem gibt es Bedenken beim Thema Greenwashing und gegenüber der Wirksamkeit von ESG-Fonds. Vermögensverwalter müssen daher mehr denn je an ihrer ESG-Strategie feilen und unter Beweis stellen, dass effektive und profitable Nachhaltigkeitsinvestitionen möglich sind.

Die vollständige Studie finden Sie hier: “Building a future-ready investment firm”

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