Der Roundtable of Financial Centres der Europäischen Union (EU-RFC) trat am 1. Oktober 2025 in Frankfurt zusammen. Vertreter der führenden Finanzzentren Europas diskutierten gemeinsame Prioritäten zur Stärkung des Finanzökosystems der EU im Dienste einer innovativen und wettbewerbsfähigen EU-Wirtschaft. Auf der Tagesordnung standen die Bekämpfung der Finanzkriminalität, Cybersicherheit, die Spar- und Investitionsunion, Open Finance und die EU-Verordnung über den Zugang zu Finanzdaten (FiDA), Wettbewerbsfähigkeit und andere zukunftsweisende Themen.
Prioritäten der EU-RFC-Mitglieder
Zu den gemeinsamen Prioritäten und Herausforderungen zählten die dringende Notwendigkeit einer Straffung und Vereinfachung bestehender Regulierungsrahmen sowie die Erkenntnis, dass geopolitische Verschiebungen und das wachsende Konfliktrisiko in Europa zunehmend das Umfeld prägen, in dem Finanzzentren agieren. Die Mitglieder betonten, dass sowohl regulatorische Stabilität als auch Wettbewerbsfähigkeit in diesem volatilen Kontext gewahrt bleiben müssen – parallel zu den laufenden digitalen und grünen Transformationen.
Bekämpfung von Finanzkriminalität
Die Bekämpfung von Finanzkriminalität bleibt eine zentrale Voraussetzung für die Stabilität und Glaubwürdigkeit des europäischen Finanzsystems.
Die Teilnehmenden sprachen sich nachdrücklich für die zügige und effektive Einrichtung der Europäischen Geldwäschebekämpfungsbehörde (AMLA) in Frankfurt aus, begleitet von einer verstärkten Zusammenarbeit mit den nationalen Aufsichtsbehörden. Ziel ist eine harmonisierte Umsetzung der EU-Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in allen Mitgliedstaaten und Sektoren sowie ein verbesserter Verbraucherschutz angesichts der wachsenden Zahl digitaler Betrugsversuche.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer hoben zudem die Notwendigkeit sicherer Datenaustauschmechanismen zwischen den Finanzzentren hervor, um mithilfe verfügbarer Werkzeuge und Ressourcen komplexe Betrugs- und Geldwäsche-Muster zu erkennen.
Cybersecurity
Die Diskussion unterstrich, dass Cyberresilienz ein systemisches Risikoelement für den EU-Finanzsektor darstellt.
Die Mitglieder forderten eine harmonisierte Umsetzung von DORA sowie die Entwicklung gemeinsamer Metriken zur Bewertung der Cyber-Vorsorge.
Zunehmende Risiken durch KI-gestützte Cyberangriffe und Quantencomputing erfordern laut den Teilnehmern eine proaktive, EU-weite Strategie.
Spar- und Investitionsunion
Die Teilnehmenden bekräftigten, dass die Mobilisierung von Ersparnissen für produktive Investitionen entscheidend ist, um die Finanzierungslücke Europas zu schließen und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Die Wiederbelebung des EU-Verbriefungsmarktes wurde erneut als zentraler Hebel betont – im Einklang mit dem Positionspapier des EU-RFC vom Februar 2025. Die Teilnehmenden begrüßten das von der Kommission im Juni vorgelegte Reformpaket zur Verbriefung, wiesen jedoch darauf hin, dass gezielte Anpassungen erforderlich sind, um eine angemessene Risikosensitivität und eine tatsächliche Marktbelebung zu gewährleisten.
Gefordert wurden einfacherer Zugang für Privatanleger und KMU, ein breiteres Angebot langfristiger Anlagemöglichkeiten sowie eine stärkere Angleichung von Steuer- und Aufsichtsrahmen zwischen den Mitgliedstaaten.
Die Mitglieder begrüßten die bevorstehenden Vorschläge der Kommission zu finanzieller Bildung, zum Spar- und Investitionskonto sowie zu weiteren Maßnahmen, die im Rahmen der SIU-Roadmap bis Ende 2024 vorgelegt werden sollen. Zugleich waren sich die Teilnehmenden einig, dass Europa ohne raschere Fortschritte von Rat und Parlament bei der Umsetzung dieser Vorschläge in konkrete Maßnahmen Gefahr läuft, die im Draghi- und Letta-Bericht identifizierte Wettbewerbsfähigkeitslücke weiter zu vertiefen.
Open Finance
Die in Zusammenarbeit mit der European Digital Finance Association (EDFA) abgehaltene Sitzung beleuchtete Chancen und Risiken der bevorstehenden EU-Verordnung über den Zugang zu Finanzdaten (FiDA).
Die Mitglieder begrüßten das Potenzial von Open Finance zur Förderung von Innovation, grenzüberschreitenden Dienstleistungen und der Finanzierung kleiner und mittlerer Unternehmen.
Gleichzeitig wurden Bedenken hinsichtlich einer möglichen Fragmentierung, des Datenumfangs und der Compliance-Kosten geäußert, falls Standards nicht harmonisiert werden.
Zudem nahmen die Mitglieder die Schwerpunkte der dänischen Ratspräsidentschaft in den Trilogverhandlungen zur Kenntnis – darunter Vereinfachung, Verhältnismäßigkeit, klarere Definitionen und Beschränkungen bei historischen Daten. Diese Ansätze sollen Anpassungskosten senken, kleinere Marktteilnehmer unterstützen und einen effektiveren, ausgewogeneren FiDA-Rahmen schaffen.
Stablecoins
Es fand eine Diskussion über die wachsende Rolle von Stablecoins im globalen Finanzsystem statt. Die Mitglieder stellten fest, dass die Dominanz US-Dollar-basierter Stablecoins Herausforderungen für die europäische geldpolitische Souveränität und Wettbewerbsfähigkeit mit sich bringt. Gleichzeitig wurden neue Initiativen europäischer Bankenkonsortien zur Emission von Euro-denominierten Stablecoins und tokenisierten Einlagen im Rahmen von MiCA als Chance hervorgehoben, die internationale Rolle des Euro zu stärken und europäische Zahlungslösungen zu fördern. Die Teilnehmenden betonten den Bedarf an weiterer Arbeit in diesem Bereich, um finanzielle Stabilitätsrisiken mit Innovations- und Wettbewerbspotenzialen in Einklang zu bringen. Als ersten Schritt planen die Mitglieder des Roundtable ein Webinar mit Stablecoin-Expertinnen und -Experten aus ihren Netzwerken, um die langfristigen Auswirkungen einer breiteren Nutzung von Stablecoins in Europa besser zu verstehen. Frankfurt Main Finance wird dieses Webinar im Rahmen seiner „Food for Thought“-Reihe ausrichten.
Wettbewerbsfähigkeit der EU
Wettbewerbsfähigkeit wurde als übergreifendes Thema der gesamten Sitzung identifiziert.
Die Mitglieder forderten systematische Wettbewerbsfähigkeitsprüfungen für alle neuen EU-Gesetzesinitiativen sowie die Aufnahme von Wettbewerbsfähigkeit als Zielgröße für europäische Aufsichtsbehörden. Ineffektive Regulierung, die Form über Inhalt stellt, sowie kumulative Compliance-Kosten wurden als erhebliche Risiken für die Attraktivität Europas im Vergleich zu anderen globalen Finanzzentren erkannt.
Der Roundtable sprach sich für eine wachstumsorientierte EU-Regulierungsagenda aus, die Stabilität und Innovation in Balance hält. Zudem wurde betont, wie wichtig es ist, europäische und internationale Standards zumindest gegenseitig anzuerkennen – idealerweise gleichzustellen –, um regulatorische Fragmentierung zu vermeiden, Compliance-Belastungen zu verringern und die globale Wettbewerbsfähigkeit europäischer Finanzinstitute zu sichern.
Bildquelle: WAIFC